Wo ist Otto? Eine Kindergeschichte über Wut und Ärger
Eine Kindergeschichte über Wut und Ärger
Wo ist Otto?
„Komm schnell! Wir wollen Fußall spielen!“, hört es Otto aus dem Zimmer nebenan rufen. Gemeint ist aber nicht er, sondern Leon. Leon ist der beste Freund von Ottos Bruder Max.
Die beiden sind acht Jahre alt und in der gleichen Klasse. Sie treffen sich jeden Nachmittag nach den Hausaufgaben und spielen gemeinsam Fußball mit den anderen Kindern. Ohne Otto.
Sie fahren dann immer mit dem Fahrrad zum Sportplatz und kommen erst abends nach Hause, denn dann müssen alle zum Abendessen zu Hause sein. So will es ihre Mama.
Aber erst einmal zu Otto. Otto ist jünger als Max. Er wird bald sechs Jahre alt und wünschte sich, er wäre auch so alt wie Max.
Otto hat wilde, schulterlange, rote Locken und wird deshalb auch von den anderen Mitschülern manchmal Lotte genannt. Klingt ja zumindest fast wie Otto, denkt er sich und hört gar nicht hin.
Sollen Sie ihn doch Lotte rufen! Seine Locken würde er deshalb nicht abschneiden.
Otto ist schlank, groß, hat ein weiches Gesicht und ist selbstbewusst. Er wird des Öfteren aus den Gruppen ausgeschlossen, weil er anders ist als die anderen, aber er ist gerne allein und kann sich auch gut mit sich selbst beschäftigen. Nur manchmal … ja manchmal hätte Otto gerne mehr Freunde.
Er fragt sich oft, warum er so anders sein soll und warum er nicht so beliebt ist wie sein Bruder. Nur an den Locken kann das doch nicht liegen, oder?
Seine Mama sagt immer: „Otto, du bist ein ganz besonderer Junge. Du bist schlau und aufmerksam und du bist immer höflich und hilfsbereit. Lass dir nichts anderes einreden.“
Und es stimmt. Otto ist wirklich immer höflich, weil ihm das wichtig ist und er kleidet sich auch immer schick. Am liebsten mit Poloshirts und Jeans. Und er ist ordentlich.
Omas lieben ihn. Sie geben ihm immer Küsschen auf die Wangen und drücken ihn. Das ist wohl noch ein Punkt, warum die anderen Jungs über ihn lachen.
Seine Mama sagt dann immer, dass ihm später die Mädchen nur so hinterherlaufen werden. Aber wer sind schon Mädchen? Mit denen kann Otto doch nicht spielen. Für Mädchen interessiert sich Otto nicht.
Max hingegen ist auch wild, aber eher hinsichtlich seiner Kleidung. Er hat oft Hosen mit Löchern an und dreckige Shirts. Egal, welche Farbe, egal wie alt, egal wie neu. Nur praktisch muss es sein. Max ist im Gegenteil zu Otto ein Macher und kein Denker.
Er hat kurze Haare und ist ebenfalls groß und schlank. Die Mädchen schreiben ihm oft Liebesbriefe. Max hat viele Freunde und ist sehr beliebt.
Das liegt daran, dass er keine Angst vor absolut gar nichts hat. Er macht, worauf er Lust hat. Otto hingegen ist mutig, aber zweifelt ab und zu bei seinen Entscheidungen. Ihm ist es lieber, wenn er eine Aufgabe bekommt und sich leiten lassen kann. Er grübelt meistens länger, ob etwas richtig ist oder nicht.
Jedenfalls können auch Denker Fußball spielen, findet Otto.
Otto würde auch gerne mit Max und den anderen Kindern Fußball spielen, aber Max möchte seinen kleinen Bruder nicht mitnehmen. „Du blamierst mich nur!“, sagt Max dann immer. Oder: „Ich gehe doch nicht immer mit meinem kleinen Bruder weg!“
Auch die Mama findet das schade, weil es doch so schön wäre, wenn die beiden gemeinsam spielen würden. Aber das ist nicht so. Für Otto ist das manchmal schwer.
Er sitzt dann in seinem Zimmer und bastelt an seinen Elektroautos. Er lässt es ich nicht immer anmerken, aber es ist ihm oft zu viel Otto für sich allein. Otto hätte auch lieber Freunde, mit denen er raus kann und etwas anderes machen könnte, als an kleinen Autos zu basteln.
Als Max und Leon zum Fußball losziehen, überlegt Otto kurz, ob er nochmals fragen soll, ob er mit kann, aber er lässt es. Zu oft hat er ein „Nein“ kassiert. Er setzt sich auf sein Bett, hört Musik und macht die Augen zu.
Er fängt das Träumen an. „Wie wäre es …? “ So fangen alle Traumreisen von ihm an. „Wie wäre es, wenn ich einmal reich wäre?“, denkt sich Otto und startet in seine Traumwelt.
„Wenn ich reich wäre, könnte ich mir alles kaufen, was ich wollte. Aber was? Ich würde mir ein schnelles, schickes rotes Auto kaufen. Und ich würde ganz viel Pizza essen gehen. Und einen Hund würde ich mir auch kaufen. Natürlich mit einer großen Hundehütte. Und … und …. Ein Haus mit Pool und großem Kino.“
Er überlegt weiter und kommt zu dem Entschluss, dass Geld allein nicht viel wert ist, wenn man keine Freunde hat, mit denen man das ganze Geld ausgeben kann. Wer geht schon allein Pizza essen oder allein ins Kino? Also müssten zuerst Freunde her und dann das Geld. Aber leichter gesagt als getan. „Also, wie bekomme ich mehr Freunde?“, überlegt sich Otto laut.
Motiviert für sein neues Ziel, springt er vom Bett auf und rennt in das Zimmer von Max.
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