Rumpelstilzchen (Neufassung Erzählgeschichten)
In einem kleinen Dorf lebte einst ein Müller namens Friedrich, der zwar arm war, aber eine Tochter hatte, die so klug und hübsch war, dass alle sie bewunderten. Eines Tages, als Friedrich mit dem König von ihrem Dorf, König Leopold, sprach, wollte er Eindruck schinden. „Majestät“, sagte er, „meine Tochter kann etwas Unglaubliches: Sie kann Stroh zu Gold spinnen.“
Der König, dessen Gier nach Gold legendär war, war sofort interessiert. Ohne lange zu zögern befahl er sie zum Schloss bringen zu lassen. Dort angekommen, führte man sie in einen riesigen Saal, der bis unter die Decke mit Stroh gefüllt war. Vor ihr stand ein altes Spinnrad. Der König blickte sie streng an: „Wenn du bis zum Morgen nicht alles Stroh zu Gold versponnen hast, wirst du sterben.“ Dann ließ er die Türen hinter ihr schließen.
Die Müllerstochter saß zitternd und verzweifelt zwischen den Strohballen. Sie konnte weder das Spinnrad bedienen noch wusste sie, wie man Stroh zu Gold verwandelte. Ihre Tränen liefen unaufhörlich, als plötzlich eine kleine, seltsame Gestalt aus dem Schatten hervortrat. Ein winziges Männchen, kaum größer als ein Kind, mit spitzem Hut und funkelnden Augen, verneigte sich. „Warum weinst du, junge Frau?“ fragte es mit quietschiger Stimme.
„Ich… ich soll Stroh zu Gold spinnen, und ich weiß nicht wie!“ schluchzte Marie.
Das Männchen lächelte listig. „Was gibst du mir, wenn ich es für dich tue?“
„Mein Halsband… bitte,“ antwortete sie zögerlich.
Kaum hatte sie das gesagt, setzte sich das Männchen ans Rad, und mit einem leisen Summen und schnurrenden Geräusch war die erste Spule voller Gold. Spule um Spule füllte sich, bis alles Stroh verschwunden war. Als der König am Morgen hereinkam, staunte er über das glänzende Gold – doch seine Gier war noch lange nicht gestillt.
